Was eine Mindestlohnerhöhung für die Gastronomie bedeutet
- Stephanie

 - 17. Feb. 2022
 - 4 Min. Lesezeit
 
Aktualisiert: 19. Feb.
Die Löhne in der Gastronomie liegen oft im Bereich des Mindestlohns – keine Frage, das ist ein Problem.

Mindestlohnerhöhungen sind eine wiederkehrende Realität – und jedes Mal sorgen sie für Diskussionen in der Gastronomie. Einerseits begrüße ich die Entwicklung zu faireren Löhnen. Andererseits weiß ich aus eigener Erfahrung als ehemalige Caféinhaberin und heutige Gastro-Gründungscoach, dass jede Anpassung für kleine Betriebe eine Herausforderung darstellt. Die Margen in der Branche sind knapp, Personalkosten machen oft den größten Kostenblock aus, und es gibt wenig Spielraum für finanzielle Puffer.
Trotzdem sehe ich in den Erhöhungen Chancen – wenn sie strategisch genutzt werden. Die steigenden Personalkosten zwingen Gastronom:innen, ihre Konzepte zu überdenken, effizienter zu arbeiten und mutige unternehmerische Entscheidungen zu treffen.
Ein Anstieg der Lohnkosten – und was das bedeutet
Die Gastronomie gehört zu den personalintensivsten Branchen. In der Kleingastronomie machen Personalkosten oft rund 35 % des Umsatzes aus. Eine Erhöhung des Mindestlohns wirkt sich nicht nur auf die niedrigsten Gehaltsstufen aus, sondern zieht eine allgemeine Lohnanpassung nach sich. Die Folge: Ein Anstieg der Lohnkosten, den sich kein Betrieb einfach leisten kann, ohne an anderer Stelle Anpassungen vorzunehmen.
Zudem steigen parallel auch andere Kosten – insbesondere bei Lebensmitteln, weil die Zulieferer der Gastronomie meist auch sehr personalintensive Branchen sind. Gastronom:innen stehen daher nicht nur vor der Herausforderung höherer Personalausgaben, sondern müssen ihre gesamte Preisstruktur überdenken.
Doch genau hier steckt die Chance: Statt sich gegen Veränderungen zu wehren, lohnt es sich, das eigene Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen.
Lebensmittel, Energie, Personal, die Kosten steigen an allen Ecken und Enden. Die Gastronomie steht in diesem Jahr nicht nur unter Druck, sondern auch vor einem echten Umbruch. Dahinter sehe ich auch eine Chance, denn kein:e Unternehmer:in kann diese Herausforderungen kleinreden.
Grundsätzlich gibt es zwei Lösungsansätze:
1. Kosten sparen
Wer billiger einkauft hat keine Zukunft. In Zeiten des Klimawandels kann man nicht mehr an der Lebensmittelqualität sparen - im Gegenteil. Die Nachfrage nach Qualität und Nachhaltigkeit ist heute höher als je zuvor, Tendenz steigend.
Digitalisieren? Absolut, auch in kleinen Betrieben!
Mit klaren Prozessen und Systemunterstützung kann sich ein Team auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren und viel effizienter arbeiten (darüber habe ich ausführlich in diesem Blogartikel gesprochen).
2. Umsätze steigern
Mehr Umsatz durch steigende Verkaufspreise? Ja. Die Mehrkosten werden auf die Verkaufspreise umgelegt und damit schlicht und ergreifend an die Gäste weitergegeben. Somit dürften die Preise in der gesamten Branche zwangsläufig steigen - wenn auch nicht überall in gleichem Maße.
Preisstrategie im Wandel - eine Chance für individuelle Konzepte mit Identität
Preisanpassungen sind unvermeidlich. Die Mehrkosten werden auf die Verkaufspreise umgelegt – und das ist in Ordnung. Die gesamte Branche ist betroffen, sodass sich die Preiserhöhungen über alle Segmente hinweg verteilen.
Ein Cappuccino, der heute vielleicht noch 3,80 € kostet, wird bald bei den meisten 4,50 € kosten. Ein Hauptgericht für 18,50 € wird auch schnell über die 20 €-Marke steigen.
Wer hier langfristig bestehen will, setzt auf ein starkes Konzept mit klarer Identität. Gastronomiebetriebe mit einer starken Positionierung, hoher Qualität und gutem Service können höhere Preise durchsetzen und ihre Gäste überzeugen. Betriebe ohne klare Differenzierung geraten ins Straucheln – und das ist eine natürliche Marktbewegung.
Trinkgeld – ein überholtes Modell?
Eine Lohnerhöhung allein macht die Gastronomie noch nicht automatisch zu einer attraktiven Branche für Arbeitnehmer:innen. Ein zentraler Punkt bleibt das Trinkgeld. Trinkgeld bedeutet Cash in der Tasche, steuer- und sozialabgabefrei. In erster Linie klingt es zwar attraktiv, doch es sorgt für starke Einkommensschwankungen und ist – insgesamt betrachtet – nicht sozialverträglich.
Denn Angestellte verdienen gut, solange sie arbeiten. Doch in Krankheitsphasen, während des Urlaubs oder im Mutterschutz zeigt sich das Problem: Sozialleistungen basieren auf dem Grundgehalt, nicht auf Trinkgeldern. Langfristig ist eine faire Bezahlung durch höhere Grundlöhne der bessere Weg.
Die Zukunft der Gastronomie: Höhere Löhne, bessere Konzepte, zufriedene Teams
Mindestlohnerhöhungen bedeuten Veränderung – und Veränderung ist unbequem. Doch sie bieten die Möglichkeit, die Branche langfristig auf stabile Beine zu stellen. Gastronom:innen, die diese Entwicklungen annehmen, ihre Preisstrategie anpassen und in ihr Team investieren, werden langfristig davon profitieren.
Mit besserer Bezahlung machen wir die Gastronomie-Branche für Angestelt:innen wieder attraktiv. Das ist gut, denn wir brauchen gute Arbeitskräfte, die Spaß an Ihrer Arbeit haben. Menschen, die die Gastronomie als Branche lieben und davon leben können!
Am Ende führt eine faire Bezahlung zu motivierten Mitarbeiter:innen, zufriedenen Gästen und einem nachhaltigen Geschäft. Und genau das braucht die Gastronomie, um in die Zukunft zu gehen.
Wenn das Gehalt stimmt, kommen Kreativität und Leidenschaft zum Vorschein.
Freundliche Bedienungen, ein glückliches Team, entspannte Chef:innen und ein gutes Miteinander färben unweigerlich auf die Gäste ab. Für eine angenehme Atmosphäre und authentische Gastfreundschaft zahlen Gäste bereits heutzutage gerne einen höheren Preis.
Du möchtest mit mir deine Herausforderungen besprechen und ein Gefühl dafür bekommen, wie du den für dich passenden Weg findest, damit umzugehen?


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